Matratzenkunst.

Dass Künste auch von handwerklichem Können kommen, war lange selbstverständlich. Dass sie überdies auch von der Inspiration abhängen, leugnen allenfalls »Banausen« (zu deutsch: Handwerker). Inspirations-quellen waren in der Antike die 9 Musen, allesamt Töchter der Erinnerungs-Göttin Mnemosyne. Da im Mittelalter dann alles vom Heiligen Geist inspiriert war, galten die Musen als tot, waren aber nur scheintot, denn sie tauchten zur Neuzeit hin wieder auf – vermenschlicht. Die von Dante, Beatrice, war verstorben, bevor er sie richtig kennenlernen konnte; eine von Goethes Musen war die Frau von Stein, und natürlich ist auch musische Polygamie möglich. Im Zuge ihrer Vermenschlichung und mit Eintritt von Künstlerinnen in die Geschichte haben die einst göttlichen Schwestern auch noch Brüder bekommen, was nur konsequent ist, denn Kunst kommt bekanntlich ja auch vom Kuß der Muse, und da paßte der um Inspiration ringenden Emma Sulkowicz ein Paul besser als eine der Olympierinnen. Die Geschichte:

 

Es waren einmal zwei junge Studierende, die sich sympathisch fanden und im Frühjahr 2012 zwei mal 1 Nacht miteinander verbrachten. Daraufhin wollten sie zwar nur noch Freunde bleiben, doch schon 2 Tage nach dem nächtlichen Geschehen und noch Monate nach den Treffen schreibt Emma via facebook »Ich vermisse Dich« und: »I love you Paul. Where are you!?!?!?!?!«. Vielleicht mochte Paul auch deswegen nicht mehr, weil sie offen von Gruppensex mit mehreren Männern berichtet. Es vergeht noch ein Jahr, bis Paul, der als schüchtern geltende Student, ins »Büro für sexuelles Fehlverhalten« der Columbia-Universtity einbestellt wird. Emma hat ihn dort wegen brutaler Vergewaltigung angezeigt.

 

Die Uni  m u s s  nun gegen Paul handeln, auch wenn Übergriffe nur behauptet werden, und das kann bis zur Exmatrikulation des Studenten gehen. Die US-Uni sieht schon deswegen keine andere Möglichkeit, da ihr sonst wegen Verstoßes gegen das »Title IX-Gesetz« der Entzug von Geldern droht! Die Unschulds-vermutung ist durch den sog. »Dear colleague letter« der US-Regierung faktisch abgeschafft, und Paul hat kein Recht auf einen Verteidiger. Emmas Liebesnachrichten aus der Zeit noch  n a c h  der vermeintlichen Vergewaltigung werden von der Universität als Beweismittel nicht zugelassen! Dafür tauchen auf dem Campus 2 Jahre nach der fraglichen Nacht Flyer über den »Serienvergewaltiger« Paul auf. Indes, eine »Serie« gibt es nur in Emmas eigener Vita zu finden: Die Tochter eines Psychologen und einer Psychologin jongliert gelegentlich mit Mißbrauchs-Klagen... Studentinnen tragen Schilder um den Hals gebunden, die den Raus-schmiß von Paul verlangen - er kann sich nirgendwo mehr blicken lassen -, und Emma trägt von Vorlesung zu Vorlesung ihre blaue Matratze geschultert – wie Christus das Kreuz auf dem Weg nach Golgatha.

 

Wegen ihrer Performance wird Emma von der berühmten Performance-Künstlerin Nr. 1, Marina Abramovic, zur Künstlerin geadelt, und die Columbia-University anerkennt  n a c h  Pauls Freispruch Emma Sulkowicz´ Matratze als Abschlussarbeit in Bildender Kunst! Was Erfolg verspricht, macht Schule, d. h. es steckt an, es verbreitet sich. Und so soll denn nun auch ein männlicher Freund von Emma sich entschlossen haben, Kunst zu machen: Der Ärmste erinnert sich nämlich, von Paul einmal vergewaltigt worden zu sein und will daraus ein »dance/art project« machen... Dass trotz fundamentalistisch entartender Kunst ein Happy End denkbar ist, liegt an der stabilen Gesundheit der Muse, die sich über Emmas künstlerische Strampelversuche ins geballte Fäustchen lacht.

 

Keuchenius

  Emma Sulkowicz

 

Emma Sulkowicz während Performances.